Er spart nicht mit Lob: „Das ist ein guter Tag für den Schienenverkehr in Schleswig-Holstein“, sagt Landesverkehrsminister Bernd Buchholz (FDP) zu der Entscheidung seines Bundes-Kollegen Andreas Scheuer (CSU), vier Projekte aus dem Norden in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans hochzustufen.
In dem stehen Vorhaben, die bis 2030 finanziell gesichert umgesetzt werden sollen. Demnach wird die Strecke von Itzehoe ins Industriegebiet Brunsbüttel für 61 Millionen elektrifiziert und ausgebaut. Dazu kommt die S4, deren Ausbau von Hamburg bis Ahrensburg den Bund 247 Millionen Euro kostet. Außerdem soll das vierte Gleis im Elmshorner Bahnhof kommen. „Wir sind uns aber leider noch nicht ganz sicher, ob es zwischen Pinneberg und Elmshorn ein durchgehendes drittes Gleis geben wird“, sagt Buchholz. Denn bislang hat der Bund nur Pläne für einen Ausbau des Knotens Hamburg, die noch nicht konkretisiert worden sind.
Zweigleisiger Ausbau für 221 Millionen
Besonders froh ist Buchholz jedoch darüber, dass der rund 14 Kilometer lange Abschnitt auf der Marschbahn zwischen Niebüll und Klanxbüll (Kreis Nordfriesland) für 221 Millionen Euro zweigleisig ausgebaut werden soll. „Zum ersten Mal hat der Bund schriftlich anerkannt, dass der Ausbau der Marschbahn dort vordringlich ist“, sagt Buchholz. Das sei ein „wichtiges Etappenziel“, die Planungen müssten jetzt schnell und zügig beginnen, der Bau jedenfalls deutlich vor 2030 fertig werden. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium sieht das ähnlich: Bis „spätestens“ 2030 solle die Strecke fertig sein, sagt Enak Ferlemann (CDU). „Je eher, umso besser.“
Autoverladung soll umgelegt werden
Der Plan des Bundes, in dem 44 Projekte für insgesamt 6,4 Milliarden Euro gefördert werden, umfasst auch neue Gleise auf Sylt selbst – zwischen Tinnum und Morsum. „Auch hier können wir uns einen zweigleisigen Ausbau vorstellen – vor allem die Autoverladung würden wir gerne umlegen“, so Ferlemann.
Das unterstützt Buchholz – im Gegensatz zu vielen Syltern, wie der Minister zugibt. „Noch endet der Autozug in Westerland – ob das aber der perfekte Standort ist, das möchte ich gern mit einer Machbarkeitsstudie geklärt wissen.“ Bei einer Verlegung könne man sich möglicherweise den Ausbau auf der Insel sparen, weil es dort oft sehr eng sei. Das Geld für die Studie zahlt das Land – auch aus Strafzahlungen, die Buchholz wegen der Verspätungen auf der Marschbahn einbehalten hat.
Bei allen bleibenden Unwägbarkeiten überwiegt bei Buchholz die Freude über das Signal aus Berlin. Hat er eine Erklärung, warum der Norden nun stärker als früher berücksichtigt wurde? Buchholz: „Offensichtlich setzt sich eine gewisse Penetranz in der Argumentation irgendwann durch.“
„Es kann geplant werden.“ Das ist die klare Aufforderung von Verkehrsminister Bernd Buchholz (FDP) für den zweigleisigen Ausbau der Marschbahn zwischen Niebüll und Klanxbüll (Kreis Nordfriesland). Nachdem Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) 44 zusätzliche Schienenprojekte vorgestellt hat, freuen sich auch andere Politiker im Norden, dass bis 2030 neben der Marschbahn drei weitere Projekte aus Schleswig-Holstein realisiert werden sollen.
Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Andreas Tietze, sagt: „Gesicherte Finanzierungen für das zweite Gleis nach Sylt, die vierte Bahnsteigkante in Elmshorn und die Anbindung des Industriegebietes Brunsbüttel: Der Bund kann den echten Norden nicht mehr ignorieren.“ Jetzt heiße es: Weiter am Ball bleiben. „So ist beispielsweise ausgerechnet das Land der Energiewende das Schlusslicht bei der Elektrifizierung. Hier muss noch eine Elektrifizierungsoffensive, wie sie im Koalitionsvertrag im Bund vereinbart ist, vorangetrieben werden.“
Selbst die SPD lobt den CSU-Minister. „Das war eine gute Entscheidung. Jetzt ist der Bundesverkehrsminister gefordert, dass aus der Hochstufung nicht nur ein bekräftigter Wunsch, sondern auch eine Realisierung wird“, sagt der verkehrspolitische Sprecher der Fraktion, Kai Vogel. Ähnlich beurteilt das Lars Harms (SSW), der die Bahn in der Pflicht sieht: „Die Weichen sind gestellt – jetzt muss die Bahn in die Puschen kommen.“
Für seinen Kollegen Hans-Jörn Arp von der CDU ist der Ausbau der Marschbahn „längst überfällig. Damit ist der Bundesverkehrsminister den Forderungen der Jamaika-Koalitionspartner gefolgt und stellt folgerichtig die Weichen für eine längst überfällige deutliche Verbesserung der Situation auf der Marschbahn und sorgt für eine deutliche Stärkung der schleswig-holsteinischen Westküste.“ Für die Pendler sei das eine gute Nachricht – „auch wenn der notwendige zweigleisige Ausbau zunächst weitere Bauarbeiten und damit weitere Beeinträchtigungen in der Personenbeförderung bedeutet.“
Kay Richert (FDP) führt die Entscheidung des Bundes auch auf die Beharrlichkeit der Pendlerinitiative zurück. Jetzt dürfe der Bau nicht auf die lange Bank geschoben werden. „Bund und Bahn müssen die Ärmel hochkrempeln und alle Möglichkeiten ausloten, die Planungen zu beschleunigen. Dabei muss auch die Legalplanung für die Marschbahn eine Option sein.“ Die hatte Buchholz immer gefordert, um das aufwendige Planfeststellungsverfahren zu umgehen. Dazu erklärt der Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Enak Ferlemann: „Wir suchen fünf Projekte in Deutschland, wo wir das machen.“ Man müsse dafür rechtliche Möglichkeiten schaffen. Das dauere jedoch eine ganze Zeit, so Ferlemann. Dabei stehe eine Frage im Fokus: „Was geht am schnellsten, um den Pendlern zu helfen?“
Große Freude bei der Pendler-Initiative und in der Kommunalpolitik
Auf der Insel Sylt herrscht ebenso wie auf dem nahen Festland übereinstimmend große Freude über die Entscheidung des Bundes, die Bahnstrecke zwischen Niebüll und Klanxbüll zweigleisig auszubauen. „Das ist ein hervorragender Erfolg“, sagt Moritz Luft, der Geschäftsführer der Sylt Marketing GmbH (SMG). „Es ist sehr erfreulich, dass nunmehr die dringend notwendigen Grundlagen geschaffen worden sind, um den Ausbau der Strecke zu ermöglichen.“
Luft dankt ausdrücklich allen Unterstützern der erfolgreichen SMG-Kampagne „Catapult Air“ und der damit verbundenen Marschbahnpetition. „Bund, Land und Region ziehen jetzt endlich an einem Strang. Ich danke allen, die dabei mitgeholfen haben, deutlich zu machen, dass es sich keineswegs um ein nur regionales Problem handelt, sondern dass diese Bahnverbindung essenziell wichtig ist für die touristische Bedeutung der Insel Sylt in ganz Deutschland und sogar weit über die Grenzen hinaus.“
Sylt Marketing GmbH ist für einen zweigleisigen Ausbau auf der Insel
Der SMG-Chef erachtet es auch als sinnvoll, den zweigleisigen Ausbau nicht nur auf dem Festland, sondern auch auf Sylt – also zwischen Morsum und Tinnum – zumindest langfristig in Angriff zu nehmen. Gleiches gelte für die Machbarkeitsstudie zur Verlagerung der Sylter Autoverladung. „Wir sollten sämtliche Optionen prüfen und müssen dabei alles im Zusammenhang betrachten.“
„Wir sind natürlich begeistert, dass unsere jahrelangen Bemühungen endlich Früchte getragen haben“, erklärt Karl Max Hellner, der Vorsitzende des Vereins Sylter Unternehmer (SU). Die Topurlaubsdestination Sylt bekomme endlich die Anbindung, die sie verdiene. Auf der Insel selbst müssten nun allerdings die „Schularbeiten“ gemacht werden. Ernsthaft diskutiert werden müsse etwa, die Autoverladung raus aus Westerland zu verlagern, so Hellner.
Pendler-Initiative will weiter Druck machen
„Feiern können wir auf alle Fälle“, sagt Achim Bonnichsen von der Pendler-Initiative, der man laut Wirtschaftsminister Bernd Buchholz den Erfolg maßgeblich mit zu verdanken hat. Grund zur Skepsis sieht Bonnichsen nicht: „Die Entscheidung ist da, und das Geld ist da.“ Die Frage sei nun, wann es mit der Umsetzung losgehe. „Fünf Jahre Planung, zwei Jahre Bauzeit. 2025, 2026 wird es so weit sein“, schätzt der Niebüller. Diese Zeit werde erfahrungsgemäß benötigt bei solchen Vorhaben. Für die Pendler-Initiative bedeute die Entscheidung allerdings nicht, dass man jetzt die Hände in den Schoß legen könne. „Wir werden das Projekt unterstützen, aber auch weiter Druck machen“, kündigte Achim Bonnichsen an.
Sylts Bürgermeister will Machbarkeitsstudie zur Verlagerung der Autoverladung
„Ich freue mich sehr über die Entscheidung zum zweigleisigen Ausbau – und darüber, dass wir es nach Jahrzehnten endlich gemeinsam geschafft haben“, erklärt Nikolas Häckel. Der Bürgermeister der Gemeinde Sylt begrüßt ausdrücklich auch die Überlegungen für einen zweigleisigen Ausbau der Strecke auf der Insel selbst. „Dabei anstehende Fragen und Probleme müssen wir jedoch gemeinsam beantworten und lösen.
Natürlich zusammen mit der Deutschen Bahn AG, aber auch mit Anwohnern oder Grundstückseignern – und nicht nur in der Gemeinde Sylt, sondern gesamtinsular.“ Auch die Machbarkeitsstudie zur Verlagerung der Autoverladung auf Sylt müsse auf jeden Fall in Angriff genommen werden, so Häckel. Die Studie würde ja im Auftrag des Landes erstellt und sei völlig ergebnisoffen. „Wir sollten mit dabei sein, wir werden sicher auch gefragt, aber nach der ablehnenden Entscheidung aus der Politik können wir leider nicht mehr Impulsgeber sein, sondern sind nur noch Zuarbeiter.“
Ausbau kann dauern
Für Niebüll sei dies „einfach nur ein guter Tag“, kommentiert Wilfried Bockholt die Entscheidung – „wohlwissend, wie lange so etwas dauern kann“. Dies sei „ein Riesenschritt“, so der Bürgermeister. Auch die Pläne der Stadt in der Gather Landstraße, wo eine Brücke den Bahnübergang ersetzen soll, hingen mit der Zweigleisigkeit zusammen.
Sein Kollege Friedhelm Bahnsen spricht von einem „guten Signal“ für die Pendler. „Ich denke, wir freuen uns hier alle in Nordfriesland“, sagt der Klanxbüller Bürgermeister. „Nun harren wir der Dinge, die da kommen“, fügt er an – und meint damit die Ungewissheit, die der zeitliche Aspekt der Realisierung in sich birgt.
Heinz Maurus rechnet damit, dass die Planungen für den zweigleisigen Ausbau des Streckenabschnitts Niebüll-Klanxbüll bis 2022 fertig sind und es anschließend zügig an die Ausführung der erforderlichen Arbeiten gehen kann. Grundsätzlich herrsche auch bei ihm große Freude, sagt der Kreispräsident. „Das ist einfach toll und eine Bestätigung jahrzehntelanger Bemühungen – ich erinnere nur daran, dass ich schon bei meiner Wahl in den schleswig-holsteinischen Landtag im Jahr 1996 dazu erstmals Vorschläge gemacht habe.“ Der Kreispräsident betont auch, die jetzige Entscheidung gehe über das hinaus, „was wir ursprünglich gefordert hatten. Wir sollten deshalb jetzt nicht überziehen, sondern zunächst das Machbare einfordern.“ Eine Umsetzung der Zweigleisigkeit auf Sylt sieht Maurus dagegen skeptisch und verweist beispielsweise auf den Bereich Eibenweg am Bahnübergang Ingewai in Tinnum: „Das wäre dort ja extrem schwierig wegen der engen Bebauung.“
Meilenstein und Durchbruch für Ingbert Liebing
Für den CDU-Politiker und langjährigen Sylt-Oster Bürgermeister Ingbert Liebing ist das Votum für den zweigleisigen Ausbau „ein Meilenstein und der entscheidende Durchbruch“, für den er als Bundestagsabgeordneter zwölf Jahre lang in Berlin engagiert gekämpft habe. „Wichtig ist, dass der Bund nunmehr die Abschaffung des Engpasses auf der Marschbahn als vordringlichen Ausbaubedarf anerkennt und sich endlich selbst in der Pflicht sieht, etwas zu tun“, so Liebing. Wie Heinz Maurus rechnet er mit einem Abschluss aller Planungen für den Ausbau des Abschnitt Niebüll-Klanxbüll bis spätestens 2022 – „das halte ich für machbar und durchaus realistisch.“
Auch Nordfrieslands Landrat Dieter Harrsen verweist auf einen lange andauernden Kampf, der endlich zum Erfolg geführt habe. „Dies ist ein außerordentlich guter Tag für Nordfriesland. Seit den 90er Jahren hat unser Kreistag die Zweigleisigkeit der Marschbahn gefordert“, sagt Harrsen. Sein Dank gelte allen, die sich in den letzten Jahren vor und hinter den Kulissen für dieses Ziel eingesetzt hätten. Nun müssten die Planungen für die Zweigleisigkeit zwischen Niebüll und Klanxbüll „unverzüglich beginnen“. Es sei sehr zu begrüßen, dass auch die Strecke Morsum-Tinnum zweigleisig ausgebaut werden soll. Die Planungen auf Sylt würden aber sicherlich länger dauern als die für die Festlandsstrecke, erwartet Harrsen. Doch wie man aus Berlin höre, solle in Stufen vorgegangen werden, so dass die Planungen auf Sylt die Arbeiten auf dem Festland nicht verzögern würden.
shz / Kay Müller/Pierre Boom/Hagen Wohlfahrt vom 06. November 2018