Stau, Schlaglöcher und „Warten auf Godot“ . . . Ansonsten sei nichts passiert auf der Bundesstraße 5 zwischen Heide und der dänischen Grenze, bilanzierte Rickmer Johannes Topf im Husumer Handwerkerhaus. Entsprechend kurz hielt der Vorsitzende des im Juni 2009 gegründeten deutsch–dänischen Vereins Infrastruktur Vestkysten / Westküste seinen Bericht zur Jahreshauptversammlung – um dann sogleich seinen Geschäftsführer Gregor Stein die versammelte Schar von Landtagskandidaten ins Kreuzverhör nehmen zu lassen.
Auf der einen Seite ist da die längst unendlich anmutende Geschichte eines Ausbau–Projekts, dessen Umsetzung mittlerweile seit 19 Jahren von Politik und Wirtschaft gefordert wird – mit Verweis auf ansonsten drohende wirtschaftliche Nachteile für die Westküste. Auf der anderen Seite steht am 7. Mai wieder mal eine Landtagswahl an. Notorische Optimisten könnten damit durchaus die – mehr oder weniger vage – Hoffnung verbinden, dass nach fünf Jahren Regierungskoalition aus SPD, Grünen und SSW vielleicht mehr Bewegung in die Sache kommt. Denn trotz aller verbalen Signale, die Ertüchtigung der B 5 finde sich auf der Prioritätenliste im oberen Bereich wieder, steht der Name des sozialdemokratischen Verkehrsministers Reinhard Meyer nach Ansicht von Topf eher für gefühlten Stillstand.
Für den 5. April wolle der Minister erneut zum B-5-Gipfel nach Struckum einladen, kündigte der Vereins–Vorsitzende in diesem Zusammenhang an – „einen Monat vor der Wahl sieht das nicht nach dem von uns geforderten nachhaltigen Fortschritt aus“. Kritisch sah Topf auch die Tatsache, die personellen und finanziellen Mittel des Landesbetriebs für Straßenbau erst jetzt aufzustocken: „Das ist wieder nur ein Placebo. Dieser Zeitpunkt klingt wie Hohn und Spott – warum hat man das nicht schon vor fünf Jahren gemacht?“
Besagtes Landesamt stand bei den Podiumsteilnehmern auch auf einer anderen Ebene im Fokus. Es werde nicht nur mehr Personal benötigt, erklärte etwa Ingbert Liebing (CDU): Auch über die Organisationsform müsse nachgedacht werden – sprich über eine „Umwandlung in einen privaten Betrieb“, um wirtschaftlich wettbewerbsfähig zu werden. „Wir brauchen sofort qualifizierte Kräfte“, unterstrich Parteikollege Klaus Jensen: „Die guten Leute können sich den Job zurzeit aussuchen – mit unserem öffentlichen Tarif sind wir da nur zweiter Sieger.“
Vereint waren alle Politiker auch in der Auffassung, dass Geschwindigkeit keine Hexerei sein dürfe. „Schnelligkeit – bei Gründlichkeit und Rechtssicherheit“, forderte Rüdiger Kohls (FDP). Und der dreispurige Ausbau der B 5 sei als Einstieg in einen Weiterbau der Autobahn 23 zu begreifen. „Wir warten seit 50 Jahren darauf, dass sich etwas tut – nochmal 30 Jahre wären oberschrecklich“, sagte Berthold Brodersen. Als „sehr traurig“ bezeichnete der FDP–Mann die zögerliche Haltung in Kiel gegenüber dem Angebot des Infrastruktur–Vereins, 780 000 Euro für die Planungen der Ortsumgehung Hattstedt bis Bredstedt bereitzustellen.
Apropos Geld: Vier Bauabschnitte zwischen Tönning und Husum über Jahre hinweg zu strecken, sei eine Zumutung, so Liebing. „Das muss schneller gehen und geht auch schneller.“ Auf Bundesebene seien alle Voraussetzungen dafür geschaffen – „das Geld für die Straße liegt auf der Straße, es stehen Milliarden zur Verfügung“. Ulrich Stellfeld–Petersen (SSW) verwies auf einen Aspekt, den beim geplanten abschnittsweisen Ausbau bislang niemand auf der Rechnung habe: „Es muss ein intelligentes Umleitungs–System geben, das auch den in hohem Maße vorhandenen landwirtschaftlichen Verkehr aufnimmt.“
Transparentes Beteiligungsverfahren, Feedback und eine Kontrollfunktion – das sind die Anforderungen von Ralf Heßmann (SPD). „Wenn einer sein Handwerk nicht versteht, muss er ausgetauscht werden.“ Er wolle nicht mit dem Rollator beim Bäcker stehen und auf die alte B 5 schauen müssen. Hendrik Schwind–Hansen (SPD) sprach aus, was auch alle anderen immer wieder zwischen den Zeilen durchblicken ließen: Bei diesem Thema geht es nicht ums Parteibuch, sondern um das gemeinsame Interesse einer Region: „Alle wollen, dass der Ausbau vorangeht – also lasst uns nicht gegenseitig den Schwarzen Peter zuschieben, sondern schauen, wie wir das hinkriegen.“ Wobei er aber auch auf die Bremse trat: „Auf Schnelligkeit sollten wir allerdings verzichten – wir leben in einer Zeit, in der die Leute klagefreundlich sind.“
Eine unpopuläre Aussage in einer Gemengelage, die längst zum Geduldsspiel geworden ist. Entsprechend gereizt fallen denn auch schon mal die Reaktionen aus. „Ich fühle mich langsam verarscht“, sagte etwa Hans Straßer, Mitglied des Infrastruktur–Vereins aus Husum: „Ich habe den Glauben an die Politik verloren. Entweder sie können’s nicht, oder sie wollen’s nicht – ich weiß nicht, was schlimmer ist!“