Protest des Vereins Infrastruktur Westküste unter dem Motto „B5 – Tag des Stillstands“ am 3. August / Kritik an weiterer Verzögerung beim Bau der Ortsumgehung Hattstedt-Bredstedt
Nordfriesland. Der Ausbau der Bundesstraße 5 muss zur Chefsache von Schleswig-Holsteins Ministerpäsident Torsten Albig werden. Dies wäre für Rickmer Johannes Topf und Wilfried Bockholt die logische Konsequenz aus der „unendlichen“ Geschichte um dieses Bauprojekt, dessen Realisierung seit 15 Jahren von Politik und Wirtschaft mit Verweis auf ansonsten zu befürchtende wirtschaftliche Nachteile für die Westküste gefordert wird. Seit vier Jahren sogar mit Unterstützung des deutsch-dänischen Vereins Infrastruktur Vestkysten/Westküste, an dessen Spitze Topf und Bockholt stehen. Ihnen und ihren Mitstreitern – darunter Unternehmen, Handels- und Gewerbevereine sowie Kommunen von Esbjerg bis Brunsbüttel – reicht es jetzt: „Wir müssen den Druck erhöhen.“
Deshalb ruft der Verein für Sonnabend, 3. August, 15 Uhr, zu einer Protestkundgebung unter dem Motto „B5 – Tag des Stillstands“ vor dem Nordsee-Congress-Centrum (NCC) in Husum auf; gerechnet wird mit 2000 Teilnehmern. Auf der Rednerliste stehen bisher Topf, Nordfrieslands Landrat Dieter Harrsen und Kreispräsident Heinz Maurus – eingeladen sind aber auch der Minister für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie, Reinhard Meyer, dessen Verkehrs-Staatssekretär, Dr. Frank Nägele, und der Direktor des Landesbetriebs für Straßenbau, Torsten Conrad. Die nächste Aktion steht auch schon fest: Minister Meyer soll symbolisch ein Scheck überreicht werden.
Es ist eine unerfreuliche neue Gemengelage, die Deutsche und Dänen zu diesen Schritten provoziert hat. Vorsitzender Topf und sein Stellvertreter Bockholt erläuterten gestern in einem Pressegespräch am ausgewählten Demonstrationsort, dem Congress-Centrum, Hintergründe.
Das Fass zum Überlaufen brachte demnach die Nachricht, dass der Planfeststellungsbeschluss 2012 für die Ortsumgehung Hattstedt-Struckum-Breklum-Bredstedt wegen „handwerklicher Fehler des Landesamtes für Straßenbau“ (Topf) jetzt ausgesetzt ist. Laut Vorsitzendem ist die Flurbereinigung gescheitert, denn es liegen sieben Klagen von Landwirten zum Trassenverlauf vor: „Und diese haben Aussicht auf Erfolg, da die Bauern von ihrem Land abgeschnitten wären, was nicht sein darf.“
Sorgen bereitet den B5-Akteuren der Stellenabbau im Landesbetrieb für Straßenbau mit Sitz in Kiel und vier Niederlassungen in Flensburg, Rendsburg, Itzehoe und Lübeck. Insgesamt arbeiten hier1400 Menschen. Bis 2020 sollen 98 – also im Durchschnitt jährlich 14 Stellen – gestrichen werden.
Wie solle es mit weniger Personal vorangehen – auch für den dreistreifigen Ausbau zwischen Husum und Tönning, für den die Kosten wegen des schwierigen Untergrundes von anfangs 40 bei mittlerweile rund 120 Millionen Euro angelangt seien? Und: „Das Zeitfenster für Mittel für den Neubau von Straßen schließt sich, denn immer mehr Geld muss für deren Erhaltung bereitgestellt werden“, mahnen Topf und Bockholt. Sie hätten eine „mündliche Zusage“ aus dem Bundesverkehrsministerium, dass die Mittel für die Ortsumgehung fließen würden, sobald Baurecht von Seiten des Landes vorliege. „Wir könnten mindestens eine sechsstellige Summe einwerben, damit die notwendigen Planungen an Ingenieurbüros vergeben werden“, offerierte Rickmer Johannes Topf. Dieses Angebot ist jedoch von Staatssekretär Dr. Nägele abgelehnt worden. Dafür haben Topf und Bockholt kein Verständnis. „Wenn man es will, dann kann man es“, so Wilfried Bockholt nachdrücklich. Es gebe genug Beispiele für Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP). „Ist der politische Wille doch nicht da, obwohl der B5-Ausbau im Koalitionsvertrag festgeschrieben ist?“
Im Gespräch mit unserer Zeitung erklärte Frank Nägele, dass das Personal des Landesbetriebs durchaus alle Anforderungen stemmen könne. „Aber, wir verteilen die Planfeststellung auf mehrere Jahre.“ Ein ÖPP-Projekt bezogen auf planerische Vorleistungen ist dem Staatssekretär nicht bekannt. „Die gesetzlichen Möglichkeiten sind auch eher begrenzt.“ Aus seiner Sicht wäre nur eine Vorfinanzierung denkbar, ähnlich wie im Fall der Landesstraße 192. Nägele: „Doch dadurch sind für nur eine Straße zwei Millionen Euro für 30 Jahre im Landeshaushalt gebunden, denn die müssen an das Unternehmen gezahlt werden.“
Die „handwerklichen Fehler“ bei der Ortsumgehung Hattstedt-Bredstedt führt Nägele auf politischen Druck zurück, da alles ganz schnell gehen sollte. „Wir wollen es schlank machen, und rollen die Planungen deshalb nicht neu auf, sondern fangen mit den nicht von einer Klage betroffenen Teilen an.“ Grundsätzlich sei Ziel für den Erlass des Planfeststellungsbeschlusses der 31. Juli 2014, hieß es aus dem Ministerium.
Frank Nägele sieht ebenso wie Topf und Bockholt, dass der Bund die Prioritäten geändert hat und künftig das Motto „Erhalt vor Neubau“ gilt. Nägele ist daher davon überzeugt, dass neue Straßen vom Bund ohnehin nur noch Abschnitt für Abschnitt finanziert werden.
Sorgen, dass die Bundesmittel durch Verzögerungen verspielt werden könnten, macht er sich nicht. Die Ortsumgehung sei unabhängig vom Planungsverlauf als „Vordringlicher Bedarf“ eingestuft worden. „Das Land geht von einer Bestätigung dieser Einstufung bei der Fortschreibung aus.“
Der dreistreifige Ausbau zwischen Husum und Tönning habe im Bundesverkehrsministerium bereits Zustimmung erhalten. Für Tönning-Rothenspieker liege die Genehmigung vor. Die Entwürfe für die weiteren drei Abschnitte werden Ende 2013, Anfang 2014 und Mitte 2014 vorgelegt.
Quelle:
shz / Husumer Nachrichten vom 26.07.13 / Seite NF1 / Text: Simone Schlüter / Foto: Volkert Bandixen