Zweifel an der Zweigleisigkeit

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Skeptische Bürger: Wird der angekündigte Schienenausbau der Strecke NiebüllKlanxbüll tatsächlich umgesetzt und für Entspannung sorgen?
Niebüll/Klanxbüll

Als gegen 22.45 Uhr vorgestern in der FacebookGruppe „NOBPendler HusumWesterland“ die Nachricht gepostet wurde, dass nun doch die Bahnstrecke NiebüllKlanxbüll zweigleisig ausgebaut werden soll (wir berichteten) und sie damit in den Bundesverkehrswegeplan 2030 aufgenommen wird, trudelten auch gleich die ersten Kommentare ein. Einerseits zeigte sich Freude über die angekündigte Entscheidung, anderseits aber auch Verwunderung über die überraschende Bekehrung des Verkehrsministers Alexander Dobrindt. Vor allem aber überwog der Zweifel, ob den Plänen auch tatsächlich Taten folgen werden. GruppenInitiator Achim Bonnichsen aus Klixbüll ist zumindest wenig euphorisch: „Ich glaube nicht, dass ich die Zweigleisigkeit noch erleben werde,“ mutmaßt der 49-Jährige. Der Frust sitze bei ihm zu tief. „Ich pendle seit über 30 Jahren fünf bis sechs Mal die Woche auf die Insel. So schlimm wie es seit dem Fahrplanwechsel im vergangenen Jahr mit den Verspätungen läuft, war es noch nie.“ Natürlich wünsche er sich dringend die Erweiterung der Strecke NiebüllKlanxbüll, er verwies jedoch auf eine Mitteilung aus dem Jahre 2006. Schon damals, vor genau zehn Jahren, kündigte der frühere schleswigholsteinische Verkehrsminister Dietrich Austermann den zweigleisigen Ausbau an. Bonnichsen ist nicht nur Pendler, sondern auch Arbeitgeber auf der Insel. „Ich habe aufgrund der langen Fahrtzeiten in den letzten Jahren zwei Arbeitnehmer verloren. Wie soll ich Fachkräfte für mein Handwerk finden, wenn die Menschen 14 Stunden unterwegs sind, aber nur achteinhalb bezahlt bekommen?“, fragt sich der Geschäftsführer einer Fliesenlegerei. Allein in der vergangenen Woche habe er durch diverse Verspätungen und Zugausfälle zehn Stunden mit Warten verbracht. „Das ist eine Einschränkung in der Lebensqualität.“

In der Region wird die AusbauEntscheidung umso mehr als positives Signal gedeutet. Klanxbülls Bürgermeister Friedhelm Bahnsen freut sich über die Kehrtwende. „Das bringt eine Erleichterung für alle. Der Verkehr wird auf zwei Schienen deutlich unproblematischer laufen – insbesondere in der Hochsaison.“ Immer wieder komme es derzeit vor, dass ein Zug im Klanxbüller Bahnhof warten müsse, um erst einen Gegenzug aus Niebüll vorbeizulassen. „Eine der Hauptursachen für die ständigen Verspätungen würde dann wegfallen.“ Dass mit der Zweigleisigkeit der Zugverkehr insgesamt auch zunehmen werde, davon geht Bahnsen nicht aus. „Es wollen dadurch ja nicht noch mehr Leute als sonst nach Sylt. Es wird nur alles wesentlich entspannter sein.“

Als technische Herausforderung bei der Umsetzung der Zweigleisigkeit sieht Bahnsen jedoch den moorigen Untergrund entlang der Schienenstrecke. „Denken Sie an die Klanxbüller Straße, die derart starke Schäden hat. Das schwierige Gelände wird es der Bahn nicht leicht machen.“ Aus diesem Grund rechnet der Bürgermeister auch damit, dass sich der Ausbau zeitlich hinziehen wird. „Ich habe nicht die Hoffnung, dass das Projekt in ein paar Jahren erledigt ist. Von der politischen Absichtserklärung bis zur Umsetzung wird sicherlich noch viel Zeit ins Land gehen.“

„By the way: Es ist Wahlkampf“, gibt wiederum Achim Bonnichsen zu Bedenken. Eine eventuelle Vorrangigkeit der Tunnelproblematik an der Ostküste des Landes könne ebenso zu einer Verzögerung führen. „Und wer weiß,“ fragt der Sylter Unternehmer mit einem Augenzwinkern, „vielleicht taucht ja noch ein schützenswerter dreibeiniger Frosch auf, der das ganze auf weitere zehn bis 15 Jahre verzögert.“

Trotz der Zweifel würde es Bonnichsen auf jeden Fall begrüßen, wenn das Gastronomiepersonal wieder vor den Urlaubsgästen auf der Insel ankäme. Er spielt damit auf die Vorrangigkeit des Autozuges gegenüber dem Personenzug an. „Die Hotelfachleute und Verkäuferinnen sollen immer ein Lächeln auf den Lippen haben. Das fällt unheimlich schwer, wenn der Tag schon mit einer Verspätung oder einem Ausfall begonnen hat und voraussichtlich auch enden wird.“

Hans Friedrich Andresen vom „Fachbereich Ordnung“ im Amt Südtondern ist zuständig für Verkehrsangelegenheiten. Er ist sich sicher, dass die angekündigte Zweigleisigkeit zwischen Niebüll und Klanxbüll bei all der Vorfreude auch Auswirkungen auf die Stadt haben wird. Besonders betroffen sein werde der Bahnübergang in der Gather Landstraße – ein wenig allerdings auch der in der Uhlebüller Straße. Durch den Ausbau könnte ein erheblicher Zeitbedarf auf die Rangiertätigkeiten im Nordteil des Bahnhofs Niebüll entfallen, sagt er. Die Bürger müssten voraussichtlich mit noch mehr Wartezeiten rechnen, zumal die Schranke „Gather Landstraße“ im Handbetrieb betrieben werde.

So könnte die Zweigleisigkeit in naher oder ferner Zukunft zwar für Entspannung auf den Schienen sorgen – womöglich allerdings für Anspannung an den Schranken.

– sh:z / Nordfriesland Tageblatt vom 26.10.2016, Autoren: Sybille Bremer, Julia Nissen, Marcus Dewanger, Foto: Julia Nissen